Deutschsprachig-jüdische Literaturstudien: Standortbestimmung eines transdisziplinären Forschungsfeldes.

Deutschsprachig-jüdische Literaturstudien: Standortbestimmung eines transdisziplinären Forschungsfeldes.

Veranstalter
Centrum für Jüdische Studien, Karl-Franzens-Universität Graz
Veranstaltungsort
SZ 15.21, Resowi-Zentrum, Universitätsstraße 15. Bauteil A, 2. OG
Ort
Graz
Land
Austria
Vom - Bis
02.11.2017 - 03.11.2017
Von
Lukas Nievoll

Dieses internationale Kolloquium „Deutschsprachig-jüdischen Literaturstudien“ wird zum Gedenken an PD Dr. Petra Ernst-Kühr an der Universität Graz veranstaltet. Es rückt Fragestellungen ins Zentrum des Interesses, die das wissenschaftliche OEuvre von Petra Ernst-Kühr maßgeblich geprägt haben. Ihr vornehmliches Forschungsfeld war die deutschsprachig-jüdische Literatur, deren Erforschung im Rahmen einer eigenständigen Disziplin sie ebenso hartnäckig forderte, wie sie diese mit der Vielfalt transdisziplinärer Zugänge verbunden sah. Geleitet wurde ihr Erkenntnisinteresse von einer kulturwissenschaftlich orientierten Philologie bzw. Germanistik, wodurch sie ebenfalls innovative und fruchtbare Schwerpunkte in der germanistischen Forschung setzte.

Ziel des Kolloquiums ist es Petra Ernst-Kühr als Person und Wissenschaftlerin zu ehren sowie an sie zu erinnern. Dies ist verbunden mit einer Standortbestimmung des Forschungsfeldes der deutschsprachig-jüdischen Literaturstudien.

Im Mittelpunkt des Kolloquiums stehen folgende Bereiche:

- Raumkonzepte in den Künsten und Wissenschaften. Anknüpfend an die als spatial turn bezeichnete, verstärkte theoretische Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen und politischen Konstruktionen von Räumen, Territorien und Landschaften während der letzten Dezennien, greift das Kolloquium Petra Ernst-Kührs Forschung zu Vielfalt und Funktion erzählter Räume in der deutschsprachig-jüdischen Literatur auf. Welche besonderen Räume erscheinen konstitutiv? Wie werden in Erzähltexten Beziehungen zwischen Raum und Identität bzw. Zugehörigkeit hergestellt?

- Übersetzen und jüdische Kulturen. Die Anregung des translational turn auf das Feld der Jüdischen Studien beziehend beschäftigte sich Petra Ernst-Kühr jahrelang mit methodisch-theoretischen Reflexionen kultureller Übersetzung. Die Beiträge des Kolloquiums vertiefen die Auseinandersetzung mit diesem vieldeutigen Konzept, das methodisch-theoretisch weiter konturiert und dessen kulturwissenschaftliches Erkenntnispotenzial in konkreten Anwendungen überprüft wird.

- Dimensionen Europas. Als Sprecherin des Forschungsschwerpunkts „Kultur- und Deutungsgeschichte Europas“ an der KFU Graz sowie als Mitbegründerin der Gesellschaft für Europäisch-Jüdische Literaturstudien e.V. rückte Ernst-Kühr die europäische Dimension deutschsprachig-jüdischer Literatur ins Zentrum. Etwa in ihrer Beschäftigung mit dem Schriftsteller Karl Emil Franzos oder im Blick auf die jüdische Literatur in deutscher Sprache zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Vorträge des Kolloquiums folgen der von ihr eingenommenen Perspektive aus der imperialen Komposition der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie heraus.

- Publizistische Textsorten. Insbesondere im Zusammenhang mit dem historischen Ereignis des Ersten Weltkriegs und dessen Wirkung auf jüdische Lebens- und Wissenswelten, auf jüdische Erfahrung und Erinnerung, verfolgte Ernst-Kühr auch eine medientheoretische und -geschichtliche Perspektive, die hier aufgegriffen wird.

All diesen Fragen und Dispositionen widmet sich das Kolloquium in exemplarischer Weise. Akzentuiert werden die Bedeutung des Schaffens und Denkens von Petra Ernst-Kühr für das Feld der deutschsprachig-jüdischen Literatur im Speziellen, für die Germanistik, ebenso aber für die Jüdischen Studien und die Komparatistik im Allgemeinen. Wie es auch nicht anders sein könnte in einem Untersuchungsfeld, das die Mehrschichtigkeiten, Ambivalenzen, Interaktionen und Begegnungen in einem imperialen Setting – die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie – zum Thema hat und innovative Ansätze für weitere Forschungen aufbereitet.

Programm

Donnerstag, 2.November, 2017

13.00 Begrüßung. Eröffnung der Tagung

Panel 1: Europäische Trajekte und Transgressionen
Moderation: Hans-Joachim Hahn

13.20 Liliane Weissberg
Berliner Musikgesellschaften in den Häusern Levy und
Mendelssohn

14.00 Anika Reichwald
Das Phantasma der Assimilation

14.40 Mona Körte
Im Grenzraum der Sprache. Zu Ilse Aichingers Kurzprosa

15.20 Mark H. Gelber
Jüdische Sensibilitäten in der österreichisch-jüdischen
Literatur

16.00 Kaffeepause

Panel 2: Mediale Präsenzen
Moderation: Gerald Lamprecht

16.30 Hildegard Frübis
Zwischen den Welten – Jüdisches Erinnern und
die Fotografien Roman Vishniacs aus der Nachkriegszeit

17.10 Thomas Meyer
Alexander Altmanns Aufsatz
„Zum Wesen der jüdischen Aesthetik“ (1927)

17.50 Eleonore Lappin-Eppel
Die Jüdische Korrespondenz –
orthodox, politisch und modern

18.30 Pause

19.00 Buchpräsentation
Petra Ernst „Schtetl, Stadt, Staat. Raum und Identität
in deutschsprachig-jüdischer Erzählliteratur des 19. und
frühen 20. Jahrhunderts“
Laudatio: Jay Winter
Moderation: Helmut Konrad

20.15 Empfang

Freitag, 03. November, 2017

Panel 3: Kulturelle Übersetzung
Moderation: Olaf Terpitz

9.00 Daniel Hoffmann
Anna Seghers Übersetzungen von Bibelstellen im Kontext
des faschistischen Zeitalters
9.40 Jeffrey Grossman
Jewish Self-Fashioning and Translating Yiddish
in the Early 20th Century

10.20 Stephan Braese
„Alliteration hat im Deutschen etwas Fatales.“
Der Übersetzer Wolfgang Hildesheimer

11.00 Kaffeepause

Panel 4: Räume, Landschaften, Kriegsschauplätze
Moderation: Eleonore Lappin-Eppel

11.20 Gerhard Langer
Orte und Landschaften bei Soma Morgenstern

12.00 Primus-Heinz Kucher
Aspekte der Konstruktion und Dekonstruktion kultureller
Räume und Identitäten in L. Komperts „Zwischen Ruinen“
(1875) und K.E. Franzos’ „Judith Trachtenberg“ (1880)

12.40 Barbara Breysach
Kurorte als jüdische Lebenswelt und
ihre literarische Nachgeschichte

13.20 Ulrich Wyrwa
Kriegslandschaften. Jüdische Erwartungen und
Erfahrungen im Ersten Weltkrieg

14.00 Abschlussworte

Kontakt

Gerald Lamprecht
Karl-Franzens-Universität Graz
Centrum für Jüdische Studien
Beethovenstraße 21
8010 Graz, Austria

https://juedischestudien.uni-graz.at/de/
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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